Dein Hund versteht auch nach dem 85x nicht, dass er erst aus dem Kofferraum darf, wenn er ruhig wartet? Vielleicht hast du ihm auch schon 26x gezeigt, dass die Mülltonne nicht gefährlich ist oder dein Hund ist ein Leinenpöbler, der auch nach dem 300x nicht versteht, dass ihr einfach nur an den anderen vorbei geht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist dein Hund einfach (noch) zu gestresst und kann daher nicht speichern und somit nicht lernen.
Stress bei Hunden: Symptome
Folgende Verhaltensweisen zeigen dir, dass dein Hund gestresst ist:
- Ruckartige Bewegungen von Kopf und Körper
- Gähnen (angestrengtes Gähnen)
- Zähneklappern und/oder Um-sich-Schnappen
- Sträuben des Nacken- und Rückenfells
- Tropfende Nase
- Speicheln
- Schnelles, angestrengtes Hecheln
- Unruhe / Nervosität
- Zittern
- Schütteln
- Angedrückter Rutenansatz
- Kratzen
- Fiepen, Bellen, Winseln
- Ausschachten der Penisspitze
- Plötzliche Schuppenbildung
- etc.
Hat dein Hund im Alltag viel Stress und wenig Erholungsphasen, so treten weiterte Stresssymptome auf, die deinen Hund auf psychischer und physischer Ebene maßgeblich beeinflussen:
- Vergesslichkeit, Verwirrtheit und Konzentrationsmangel
- Schreckhaftigkeit
- Reizbarkeit
- Übermäßig nervös und angespannt
- Mangelndes Interesse an Reizen aus der Umwelt (Lethargie)
- Sozialer Rückzug (Lustlosigkeit / Passivität / fehlende emotionale Reaktionen
- Starker Emotionswechsel binnen Sekunden (z.B. Wutausbrüche)
- Reduzierte oder übertriebene Körperpflege
- Wenig Schlaf
- Habachtstellung
- Appetitlosigkeit oder Fresssucht
- Hautprobleme
- Verhärtete Muskeln und steifer Körper
- Zerstörungswut
- etc.
Stress beim Hund: Körperzustand vs. Trainingserfolg
Ohne Stresshormone kann das Gehirn nicht lernen. Dabei gilt es jedoch zu unterscheiden, wie intensiv der Stress auf unseren Hund wirkt. Wird der Stress zu groß, funktioniert der Speicherprozess im Gehirn nicht mehr einwandfrei. Doch wieso ist das so? Das Gehirn ist (grob) aufgeteilt in zwei Areale: Das Emotionszentrum und das Denkzentrum. Beide Areale arbeiten gegensätzlich, d.h. sie sind nicht gemeinsam aktiv.
Denkzentrum an – Emotionszentrum aus
Ist dein Hund in einer Situation leicht gestresst und dennoch aufnahmebereit, konzentriert und kann Signale wie „Sitz“ umsetzen, so ist das Denkzentrum aktiv, das Emotionszentrum ruht. Er hat die volle bewusste Kontrolle über sich und sein Handeln und kann in diesem Zustand das neu erlernte Verhalten und die dazugehörige Emotion abspeichern.
Denkzentrum aus – Emotionszentrum an
Ist dein Hund nun sehr gestresst, dann ist das Emotionszentrum aktiv, das Denkzentrum ruht. Dein Hund hat in diesem Zustand nicht die Möglichkeit abzuspeichern, dass der andere Hund ungefährlich ist. Das Einzige, was dein Hund abspeichert und lernt, ist seine starke Emotion, die mit dem Reizauslöser in Verbindung steht.

3 Stressbereiche im Training: rot, orange und grün
Daher solltest du immer auf das Stresslevel deines Hundes achten und das Training entsprechend anpassen. Wenn du mit deinem Hund trainierst, sollte sich dein Hund maximal im orangenen Stressbereich aufhalten. Dein Hund ist dann zwar gestresst, jedoch weiß er sich in dieser Situation zu helfen bzw. Hilfe von dir anzunehmen. Er kann noch relativ klar denken und auch sein Körper kann mit dieser Situation umgehen. Achte darauf, ob dein Hund den Anforderungen gewachsen ist oder ob die Situation und das damit verbundene Trainingsziel zu schwer ist. Trainierst du über der Grenze des machbaren, ist dein Hund überfordert und das Lernen unmöglich.
Sollte dein Hund doch in den roten Bereich rutschen, so gilt Schadensbegrenzung, d.h. die Situation verlassen oder im Notfall aussitzen. Bei beiden Varianten hilfst du deinem Hund sich zu regulieren und runterzufahren (vom roten Bereich zurück zu orange und im besten Fall zu grün).
Beispiel Hundebegegnung: Meine Nala hatte eine absolute Erzfeindin. Sobald sie nur ihren Duft in die Nase bekam, spannte sie sich direkt an und ihr Stressbarometer steig. Sie war zu Beginn im orangenen Bereich noch ansprechbar, doch hätte ich nichts unternommen, so wäre ihr Stressbarometer in den roten Bereich gestiegen und somit nicht mehr ansprechbar gewesen. Es ist als Hundehalterin meine Aufgabe, ihr Stresslevel zu erkennen und entsprechend zu regulieren, denn sie soll im direkten Konflikt lernen, dass wir die Erzfeindin nicht angreifen, sondern an ihr vorbei gehen. Reguliere ich sie nicht, so ist ihr Gehirn nicht bereit die neue Lösung (vorbeigehen statt angreifen) zu speichern.

Stress beim Hund abbauen: So geht’s`
Du kannst deinem Hund vor, während und nach einer Stresssituation helfen, sich schneller zu regulieren.
Vor einer Stresssituation
• Bevor dein Hund gestresst ist, generierst du einen guten Abstand zwischen euch und den Stressreiz
• Sag deinem Hund nun ganz genau, was er tun soll, z.B. hinsetzten, rechts/links direkt neben dir
• Will er wieder aufstehen, so setzt du ihn genau dort wieder ab. So gibst du klare Grenze die deinem Hund helfen, nicht in den roten Bereich zu rutschen.
Während einer Stresssituation
• Hilf deinem Hund mit bestimmten Trainingstechniken sich mit dem Reiz auseinander zu setzen, sich jedoch emotional nicht zu verlieren.
• Im Notfall kannst du deinen Hund auch ablenken. Dabei lernt er nichts, rutscht aber auch nicht in den roten Bereich (für sehr anspruchsvolle Situationen).
• Springt dein Hund auf, so bringst du ihn wieder in deine vorgeschriebene Position. So grenzt du ihn ein. Im Notfall halte ihn hier mit dem Haltegriff fest. Wenn nötig, kannst du ihn auch vom Reiz wegdrehen
• Im absoluten Notfall verlässt du die Situation einfach
Nach einer Stresssituation
Dein Hund bleibt so lange in der Situation sitzen, bis er sich (etwas) runtergefahren hat. Erst dann darf er aufstehen. Nun könntest du noch folgendes tun, um ihn weiter zu regulieren:
• Such- und Schnüffelspiele (hole deinen Hund in die Konzentration und aktiviere so wieder das Denkzentrum)
• Bewegung, z.B. zusammen laufen (der Körper baut so schneller die Stresshormone ab)
• Tempowechsel (Schneller Schritt und langsamer Schritt im Wechsel)
• Halten (dabei hältst du deinen Hund einfach fest, ohne streicheln)
• Tricks einfordern, um deinen Hund abzulenken
Ob dein Hund in einer stressigen Situation deine Hilfe annimmt oder nicht, hängt von der Stabilität eurer Beziehung ab. Möchte er in so einer Situation weg von dir oder ignoriert dich, so dürft ihr hier nochmal an eurer Basis arbeiten. Nur so schafft es auch dein Hund seinen Stress vor bestimmten Reizen abzulegen.
Wir können so viel für unsere Hunde tun und dabei sollten wir immer unseren Blick auf das Gehirn richten, ob es bereit ist zu lernen. Das Gehirn bildet mit dem Nervensystem und dem Hormonhauhalt das körperliche Gleichgewicht. Ist ein Gleichgewicht vorhanden, so geht es unseren Hunden gut und das Lernen funktioniert. Sollte dann doch mal eine sehr stressige Situation vorkommen (so ist das Leben manchmal), weißt du spätestens jetzt, wie du deinem Hund helfen kannst die Situation gut zu überstehen.
Dein Hund ist oft gestresst und findet nicht in die Entspannung? Ich helfe dir und deinem Hund dabei auch in anspruchsvollen Situationen Ruhe zu bewahren. Sende mir jetzt deine Anfrage!