Hast du auch einen Hund, der das Autofahren nicht so gut und gelassen meistert und ein richtiges Thema damit hat? Dann fühlst du sicherlich auch, dass diese „kleine“ Einschränkung zur Dauerbelastung wird / geworden ist, denn mal eben mit dem Hund in den Wald fahren, geschweige denn in den Urlaub, wird zu einem großen Hindernis. Sie erfordert eine große Planung, die dann doch wieder über Bord geworfen wird, weil es sich alles zu kompliziert anfühlt.
Ich möchte dir anhand eines Praxisbeispiels von Cookie zeigen, dass auch dein Hund das Autofahren gut ertragen lernen kann. Und mit „gut ertragen“ meine ich: Autofahren ist ok, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt Dinge im Leben, die sind wie sie sind, z.B. der jährliche Zahnarztbesuch. Die wenigsten freuen sich darauf, doch es muss eben gemacht werden. Daher ist das Ziel bei so hoch emotionalen Themen immer Neutralität.
Mein Hund hechelt und zittert beim Autofahren – Fallbeispiel Cookie
Cookie ist eine 2.jährige Tibet Doodle Dame, die das Autofahren ganz schrecklich findet. Der Einstieg ist schon sehr zögernd bzw. wird gemieden. Im Auto selber ist es für sie blöd aber erträglich, doch wenn dann der Stadtverkehr mit Start-Stopp, Kurven und Hubbeln hinzukommt, wird sie immer nervöser. In dem Stress verliert sie sich immer mehr, bis die Anspannung eskaliert und sie in hoher Tonlage schreit. Letzteres tut sie vor allem, wenn die Fahrt vorbei ist und die Halter aussteigen möchten. Das hohe Schreien gibt uns Informationen darüber, wie hoch emotional diese Situation für Cookie ist.
Doch warum verhält Cookie sich so?
Bei Cookie ist dieses Verhalten eine Mischung aus der steigenden Anspannung, einer Erwartungshaltung und einer Lernerfahrung. Des Weiteren spielen Schlafmangel und die vorhandene Trennungsangst eine große Rolle.
Behandlungsplan für Cookie
Eine reine Gewöhnung und mit Futter ablenken bzw. bestechen wird hier nicht klappen, denn das Verhalten ist so emotional und mit Stress behaftet, dass Cookies Gehirn nicht in der Lage ist mögliche Lernerfolge abzuspeichern. Des Weiteren hat Cookie schon ein Thema mit dem Autofahren. Eine reine Gewöhnung macht nur Sinn, wenn der Hund noch kein Thema mit dem Autofahren hat und dies als neu und neutral betrachtet.
- Beziehungsarbeit
Durch die Beziehungsarbeit im häuslichen Bereich haben die Halter die Beziehung zu Cookie stabilisiert und die Führung im sozialen Gefüge (Rangordnung) übernommen. Diese Vorarbeit, weit weg von dem eigentlichen Autothema, ist unerlässlich, denn nur wer sich in unspektakulären Situationen in Cookies Augen bewiesen hat, erhält den Vertrauensvorschuss für das stressige Autothema. Cookie konnte somit lernen, ihren Haltern zu vertrauen und gleichzeitig ihre Trennungsangst bewältigen. Sie wurde allgemein ruhiger, entspannter und ihr Gehirn war somit aufnahmebereiter, um das Autothema anzugehen. - Autosituation umstrukturieren
Wir haben die Autofahrten in zwei Situationen unterteilt: Notfall- und Trainingssituationen. Um Rückschritte zu vermeiden ist es wichtig für den Hund, einen anderen Kontext zu erschaffen. Immer dann, wenn dein Hund Autofahren muss und du keine Zeit für Training hast (Notfall z.B. schnell zum Tierarzt), dann wird dein Hund genauso in das Auto verfrachtet, wie er es kennt und wie er es doof fand. In Cookies Situation wäre sie hinten zwischen den Sitzen in ihre Box gekommen.
Immer dann, wenn keine Notfallsituation ist, wird diese zum Training genutzt, d.h. alles wird neugestaltet: Der Einstieg von Cookie, das Anschnallen, der Einstieg der Halter, das Losfahren, Unterstützung während der Fahrt (die durch die Beziehungsarbeit von Cookie auch angenommen werden kann), Ausstieg der Halter, Ausstieg von Cookie. Dabei ist es wichtig sich Zeit zu nehmen und ganz viel Ruhe in die Situation zu bringen, vor allem dann, wenn Cookies Stresspegel steigt. Umso unruhiger der Hund, umso ruhiger die Halter und dessen Handlungen. In dem obigen Video kannst du sehen, dass vor allem das Einparken und der Ausstieg sehr emotional für Cookie war. Besonders hier ist es wichtig Ruhe zu bewahren (was eine hohe Selbstkontrolle erfordert, denn sie schreit wirklich sehr hoch und laut). Nach der Beziehungsarbeit schrie Cookie nicht mehr und die Halter konnten den Stresspegel durch etwas Unterstützung gut regulieren. In Cookies Fall wurde der Ausstieg mit besonders viel Ruhe durchgeführt:
• Einparken -> Warten
• Auto aus machen -> Warten
• Schlüssel abziehen -> Warten
• Handbremse einschalten -> Warten
• Tür öffnen -> Warten
• Aussteigen
• Zu Cookies Tür gehen -> Warten
• Tür öffnen -> Warten
• Cookie kontrolliert rauslassen
Bei allen Schritten ist es sehr wichtig, dass Cookie nicht ihre Decke verlässt. Tut sie es doch, so wird sie wieder dorthin verwiesen. Diese Strenge ist wichtig, um zu verhindern, dass Cookies Stresspegel steigt. So hat sie eine klare Aufgabe, die sie im Denkmodus hält und jeder Hund, der im Denkmodus ist, wird nicht von seinen Emotionen überwältigt. Die Strenge hilft Cookie zu lernen, dass es auch anders geht. Beachte noch, dass du bitte mit Abstufungen arbeiten solltest. Dein Hund wird sich nicht automatisch ruhig verhalten, nur weil du wartest. Ganz im Gegenteil, es könnte passieren, dass dein Hund sich in seinen Emotionen verliert, weil der Stress steigt. Das Warten ist nicht nur wichtig, um die Situation zu entschleunigen, sondern auch um richtiges Verhalten zu bestätigen (Ziel von Cookie ist: raus aus dem Auto. Bewegung deinerseits bedeutet gleichzeitig „es ist gleich vorbei, ich kann raus“). Daher würdest du deine Bewegungen erst dann fortsetzen, wenn dein Hund z.B. noch aufgeregt ist, jedoch nicht winselt. Somit bestätigst du mit deiner Bewegung und durch das nahende Ende zwar die Aufregung, jedoch nicht das Winseln. Du wirst merken, dass dein Hund bald nicht mehr winseln wird. Dann nimmst du dir die nächste Abstufung vor, z.B. kurze Ruhemomente deines Hundes. - Unterstützung während der Fahrt
Während der Fahrt unterstützen die Halter Cookie immer dann, wenn sie es brauchte. Sie gaben ihr die Info, was sie tun soll, z.B. „leg dich hin oder auf deinen Platz“. Zum einen verhindert dies, dass Cookie zu emotional wurde und sie sich daraufhin selbst verliert und zum anderen zeigt es Cookie: meine Halter achten auf mich und helfen mir. Ich kann mich auf sie verlassen. Durch die voraus getätigte Beziehungsarbeit war es Cookie möglich, diese Unterstützung auch anzunehmen, welche zuvor ignoriert wurde. Cookie konnte durch die Unterstützung immer mehr lernen sich zu regulieren und was sie tun kann, wenn es ihr schlechter geht. - Nebenthemen
Neben dem direkten Autofahrthema haben wir parallel dafür gesorgt, dass Cookie mehr zur Ruhe kommt und qualitativ hochwertigen Schlaf erhält. Starke und entspannte Nerven sind Voraussetzung, um ein emotionales Thema zu lösen. Sorge ich nicht für gute Voraussetzungen, so wird das eigentliche Thema nicht gut behandelbar sein. - Intuition
Während der Behandlung ist es manchmal so, dass sich Situationen anders entwickeln als geplant. Es ist daher unglaublich wichtig, auf die eigene Intuition zu hören und vom Plan etwas abzuweichen. Das machten auch die Halter von Cookie und veränderten zwischenzeitlich den neuen Trainingssitzplatz im Auto. Die Lüftung und Vibrationen, welche zu Beginn für Cookie kein Thema war, taten ihr etwas später nicht gut und machten sie unruhig. Ein Platzwechsel brachte wieder Ruhe und das Training konnte ohne Rückschritte fortgeführt werden. Jetzt, wo Cookie schon mehrfach erfahren durfte, dass Autofahren ok ist (nicht mehr und nicht weniger), kann sie sich immer mehr selbst regulieren. Im Notfall unterstützen die Halter mit einem Signal wie „leg dich hin“, doch Cookie macht das schon richtig gut. Die Halter können nun auch zwischendurch einfach an den Kofferraum gehen und Cookie wartet auf ihrer Decke. Das war früher nicht möglich. Jetzt heißt es dranbleiben, Beziehungsstatus aufrechterhalten und Alltagssituationen zum Üben nutzen, damit die Übungssituationen zum Alltag werden.
Je nachdem wie stark der Stress im Auto ist und welche Ursachen zu Grunde liegen, können Hilfsmittel genutzt werden. Gute Erfahrungen habe ich mit Melissen Hydrolat und dem ADAPTIL Halsband gemacht. Beide wirken im Gehirn des Hundes. Auch eine räumliche Abgrenzung in Form einer Hundebox oder ein Autokörbchen können hilfreich sein.
Dein Hund hat Stress beim Autofahren und kann sich während der Fahrt nicht entspannen? Ich helfe dir, deinem Hund den Stress zu nehmen, damit ihr euch uneingeschränkt in der Welt bewegen könnt. Buch jetzt dein Erstgespräch und sende mir deine Anfrage!