Im letzten Beitrag konntest du anhand des Testes feststellen, ob dein Hund die Persönlichkeitseigenschaft Hochsensibilität in sich trägt. Hast du im Test 20 oder mehr Kreuze gesetzt, so ist es sehr wahrscheinlich, dass dein Hund hochsensibel ist. Alles, was darunter ist, wird als nicht hochsensibel eingestuft. Eine 100%tige Feststellung kann jedoch nur der Blick in das Gehirn liefern, denn hochsensible Hunde (und auch Menschen) haben eine andere Gehirnstruktur als nicht hochsensible Hunde. Da wir durch den Test jedoch nur dein Verständnis für die Welt deines Hundes schärfen möchten, wäre dies sehr übertrieben.
Nun gehen wir einen Schritt weiter und schauen uns die drei unterschiedlichen Bereiche an sowie eine Besonderheit. Dein Hund kann in nur einem Bereich oder auch in allen Bereichen hochsensibel sein. Das eine schließt das andere nicht aus.
Hochsensible Hunde: 3 Arten der Hochsensibilität
- Sensorisch
Frage 1-10: Hast du hier im Verhältnis viele Kreuze gesetzt, dann ist dein Hund sensorisch hochsensibel. Hunde, die sensorisch hochsensibel sind, nehmen innere und äußere Reize wie ein Adler sehr schnell wahr und reagieren darauf. Innere Reize könnten sein: Entzündungen, Herzschlag, Blähungen, Unwohlsein, Bauchschmerzen, der Anflug einer Krankheit, etc. Diese Hunde merken schnell, dass etwas im Inneren nicht rund läuft und reagieren darauf. Das macht es für dich als Halter:innen sehr schwer, denn aus unersichtlichem Grund verhält sich dein Hund plötzlich anders. Äußere Reize könnten sein: kleinste Berührungen, Haare die gegen den Strich liegen, ein aufliegendes Geschirr was stört, Stiche, eine Klette oder eine Ameise die sich im Fell verfangen hat, etc. All diese Reize führen zur Ermüdung und zum Schluss zur Überregung, denn eine Zuordnung ist für deinen Hund oft nicht möglich. Er braucht daher dringend deine Unterstützung, denn dein Hund kann sich dem Reiz nicht selbständig entziehen. - Kognitiv
Frage 11-22: Hast du hier im Verhältnis viele Kreuze gesetzt, dann ist dein Hund kognitiv hochsensibel. Hunde, die kognitiv hochsensibel sind, haben eine ausgeprägte Wahrnehmung und beobachten Reize ganz genau. Ein vorbeifliegendes Blatt wird bis ins kleinste Detail analysiert. Einige Hunde mit dieser Persönlichkeitseigenschaft sind arbeitseifrig und gleichzeitig schnell überfordert.
Hier sollte vor allem das geistige Abschalten gefördert sowie eine gezielte Auslastung (Qualität statt Quantität) im Vordergrund stehen. Struktur und Pausen sind bei solchen Hunden das A und O. - Emotional
Frage 23-32: Hast du hier im Verhältnis viele Kreuze gesetzt, dann ist dein Hund emotional hochsensibel. Hunde, die emotional hochsensibel sind, reagieren sehr stark auf Emotionen. Sie übernehmen leicht die Emotionen ihrer Halter:innen und/oder Artgenossen, als wären es ihre eigenen. Sie können sich somit nicht abgrenzen, die Selbstregulation ist kaum möglich und die emotionale Überforderung somit vorprogrammiert. Die Bindungs- und Beziehungsarbeit, welche Sicherheit und Vertrauen bringt, ist für deinen Hund sehr wichtig. Strafe und Druck sind hier keine Lösung (und sollte auch bei nicht emotional hochsensiblen Hunden überdacht werden). Auch ist dein geschultes Auge gefragt, um deinen Hund in seiner Emotion zu unterstützen und zu regulieren.
Besonderheit „High sensation seeker“
Zu den drei oben genannten Arten der Hochsensibilität kann noch eine Besonderheit hinzukommen, die den Alltag etwas schwieriger gestaltet. Ist dein Hund zusätzlich noch ein „High sensation seeker“ (hoher Sensationssucher), so sucht er Abwechslung und neue Erfahrungen. Meist sind diese Hunde sehr aktiv, risikobereit, neugierig und schnell gelangweilt. Das scheint sehr widersprüchlich, denn die Hochsensibilität müsste diese Eigenschafften eigentlich ausschließen. Dein Hund ist sehr schnell reizüberflutet, weshalb oft eine Aggression gezeigt wird. Auch hier ist es wichtig ihm einen festen Rahmen zu geben, sodass er sich selbst nicht überfordert.
Beispiel Hund: Dein Hund ist sensorisch und kognitiv hochsensibel sowie ein „High sensation seeker“. Er stürmt in den nächsten See. Steht er drin, fällt ihm ein, wie nass das Wasser und matschig der Untergrund doch ist. Schockiert und völlig gestresst rennt er aus dem Wasser und weiß eigentlich gar nicht, was passiert ist.
Beispiel Mensch: Eine Freundin von mir ist emotional Hochsensibel und trägt ebenfalls die Besonderheit „High sensation seeker“ in sich. Sie liebt es auf Firmenfeiern zu gehen und sich mit Freunden zum Essen zu verabreden. Nach den Events und Verabredungen ist sie mehrere Tage so müde und erschöpft, dass sie es kaum schafft alltägliche Aufgaben zu erledigen. Durch das Bewusstsein „was mit ihr los ist“, kann sie nun ganz anders ihren Alltag planen. Natürlich muss sie mehr auf sich achtgeben, doch sollten wir das nicht alle tun?
Umgang mit hochsensiblen Hunden
- Stressmanagement
Stressmanagement ist und bleibt das Wichtigste in eurem Zusammenleben. Dabei geht es nicht darum Stress zu vermeiden, sondern vorausschauend zu handeln, Verantwortung zu übernehmen und deinen Hund sicher durch den Alltag zu führen. Wenn du erstmal weißt, worauf du achten musst, kann das entspanntere Zusammenleben beginnen. - Pausen nach Aktivitäten und Ausflügen
Nach jeder Aktivität und nach jedem Ausflug darfst du für deinen Hund eine Pause einplanen. Das gilt auch, wenn du mit deinem Hund nur schnell dein Kind von der Schule abholst oder die Oma besuchst. - Stimmungsübertragung
Ist ein ganz wichtiger Punkt, denn besonders emotional hochsensible Hunde reagieren sehr stark auf deine Emotionen. Hast du bereits ein gutes Handling mit deinem Hund und weißt, wann du dich wie verhalten kannst, bringt dir das automatisch Sicherheit und Ruhe, welches du somit auch an deinen Hund weitergibst. - Bindung fördern und vertiefen
Eine stabile und tiefe Bindung bietet Sicherheit, Vertrauen, Schutz und Unterstützung. Dies brauchen alle Hunde, doch die hochsensiblen einfach ein bisschen mehr. - Den Hund annehmen, wie er ist (Verständnis)
Erfahrungsgemäß kommt das Verständnis, sobald die Halter:innen wissen, was mit ihrem Vierbeiner los ist. Wir Menschen können ein Thema erst annehmen, wenn wir es beim Namen nennen und verstehen. So löst sich schon ganz viel und es fühlt sich alles etwas leichter an. - Neues in kleinen Schritten aufbauen
Kleine Schritte sind ganz wichtig, denn durch die schnell gestartete Stressreaktion sind hochsensible Hunde ganz schnell an einem Punkt, an dem das Lernen nicht mehr möglich ist. Das liegt daran, dass das Emotionszentrum im Gehirn viel schneller aktiviert wird, das Denkzentrum im gleichen Zuge ruht. Die genaue Erklärung findest du in diesem Beitrag.
Die Hochsensibilität ist eine besondere Persönlichkeitseigenschaft, die wie jede Eigenschaft auch manchmal etwas zu viel sein kann. Dennoch ist es sehr gut möglich, mit einem hochsensiblen Hund entspannt und mit viel Harmonie den Alltag zu leben. Oft bemerke ich bei meinen Kund:innen, dass, wenn das „Geheimnis“ gelüftet wurde, die Erleichterung eintritt. Denn oft ist es die Unwissenheit, die uns ängstlich und hilflos macht.
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