Anti Jagdtraining: So geht es richtig – Seevetal

Dein Hund jagt Vögeln, Hasen und Katzen hinterher? Sobald er im Jagdmodus ist, ist dein Hund in seinem Tunnel und bekommt kaum noch etwas von der Außenwelt mit. Deine Rufe und auch Gefahren, wie die befahrene Landstraße, werden völlig ignoriert. Das kann sehr schnell gefährlich werden. Mit dem Anti Jagdtraining kannst du deinen Hund und natürlich auch die jagdbaren Tiere vor solchen Situationen schützen.

Unkontrolliertes Jagdverhalten Hund

Für deinen Hund ist das Jagdverhalten niemals unkontrolliert, denn er weiß genau, wann er was tut. Der Begriff „unkontrolliert“ wird in unserer Gesellschaft für Hunde genutzt, die ohne Signal ihres Halters jagen und dann auch nicht mehr ansprechbar sind, d.h. Signale ignorieren. Das Jagdverhalten ist tief in den Genen unserer Hunde verwurzelt und sichert das Überleben. Aus meiner Sicht ist es daher mehr als unfair den Hund für sein Jagdverhalten zu strafen, denn er folgt nur seinem Instinkt. Meine Nala ist eine Kleine Münsterländerin und war damals jagdlich sehr ambitioniert. Mit dem Anti Jagdtraining konnte ich ihr das unkontrollierte Jagdverhalten abgewöhnen und sorgte somit für ihre Sicherheit auf unseren Spaziergängen.

Ursachen für unkontrolliertes Jagdverhalten

  • Mangelnde Impulskontrolle
    Wenn dein Hund sich zurücknehmen, sich bremsen und geduldig abwarten kann, bis sein Bedürfnis gestillt wird, so hat dein Hund eine gute Impulskontrolle. Die Impulskontrolle setzt voraus, dass der Belohnungsaufschub ertragen wird. In den Übungen im Anti Jagdtraining wird diese Fähigkeit gestärkt, denn es ist der Schlüssel, damit dein Hund das Jagen unterlässt bzw. abrufbar bleibt. Was genau Impulskontrolle ist und wie du diese im Alltag üben kannst, kannst du in diesem Beitrag nachlesen. Für das Anti Jagdtraining gibt es jedoch nochmal spezifische Übungen, die direkt und indirekt am Auslöser oder einem Stellvertreter geübt werden.  
  • Selbstbelohnendes Verhalten / Lust
    Was viele nicht wissen: Bereits der aktive Suchlauf (das jagdbare Objekt suchen und aufspüren), der erste Teil der Verhaltenskette, ist für deinen Hund selbstbelohnend, denn dieser löst eine Dopaminflut im Gehirn aus. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der im Gehirn für euphorische Zustände sorgt und maßgeblich am Suchtverhalten beteiligt ist. Umso fortgeschrittener dein Hund in der Jagdverhaltenskette ist und umso öfter er jagen konnte, umso mehr Dopamin wird ausgeschüttet und umso selbstbelohnender ist das Jagdverhalten.
  • Mangelnde Grenzen
    Einige jagdlich ambitionierte Hunde genießen im Alltag sehr viele Freiräume. Oft gibt es wenig Grenzen und wenig Konstanzen. Die Regel sollte jedoch sein: Umso akzeptabler das Verhalten, umso mehr Freiräume bekommt unser Hund. Setzen wir im Alltag, dann wenn nicht gejagt wird und es um nichts geht, Grenzen welche auch akzeptiert werden, so ist unsere Chance deutlich höher, dass unser Hund die Grenze akzeptiert, wenn es um etwas geht, nämlich das Jagen.
  • Mangelnde Auslastung
    Hunde, die jagdlich ambitioniert sind, brauchen eine qualitativ hochwertige Auslastung. Vor allem Jagd- und Hütehunde fallen bei Stress (Unterforderung erzeugt ebenfalls Stress) gerne in das Jagdverhalten, um so den Druck zu kompensieren.
  • Übersprungshandlung
    Eine Übersprungshandlung wird von unseren Hunden gezeigt, wenn sie gestresst sind, ein innerer Konflikt besteht (will rennen aber auch auf Frauchen/Herrchen hören) oder sie in ihrem Vorhaben gehindert werden (will rennen, ist jedoch an der Leine). Mit der Übersprungshandlung wollen unsere Hunde den Konflikt beenden und den entstandenen Stress kompensieren.
  • Stimmungsübertragung
    Auch die Stimmungsübertragung kann deinen Hund zur Jagd verleiten. Bist du mit mehreren Hunden unterwegs und ein Hund beginnt die Jagd, kann es schnell passieren, dass der andere Nicht-Jäger sich verleiten lässt.
  • Zufälle
    „Zur falschen Zeit am falschen Ort“ beschreibt den Zufall am Besten. Das trifft zu, wenn z.B. ein Reh oder ein Hase direkt vor euch die Straße überquert. Der schnelle Bewegungsreiz wirkt ansteckend und dein Nicht-Jäger ist plötzlich über alle Berge.
  • Genetik und Erfahrung
    Auch diese beiden Punkte wirken sich, wie schon beschrieben, sehr stark auf das Jagdverhalten aus.

Bevor du nun mit deinem Hund das Anti Jagdtraining startest, möchte ich dir die Möglichkeit geben, dir einen Überblick zu verschaffen, um dich zu orientieren. Umso mehr Informationen du hast, umso besser kannst du deinen Hund verstehen und umso spezifischer kannst du das Anti Jagdtraining anwenden, denn jeder Hund jagt anders.

Jagdverhaltend des Hundes

Die sogenannte Verhaltenskette beschreibt die einzelnen Verhaltensweisen, die dein Hund während der Jagd ausübt. Diese sind je nach Jagdtyp (dazu gleich mehr), Erfahrung, Genetik und jagdbarenm Objekt, unterschiedlich ausgeprägt. Einige Hunde gehen nur kurz in den Suchlauf, andere verweilen darin länger. Einige Hunde töten und fressen ihre Beute, wiederum andere Hunde tun dies nicht. Das Jagdverhalten kann sich ebenso darin unterscheiden, welches Objekt bejagt wird. Die Jagd eines Kaninchens kann anders aussehen als die Jagd auf einen Vogel oder auf ein Reh. Doch was alle Jäger mitbringen, ist das Orientierungsverhalten. Bei dem einen ist dieses Verhalten 1 Sekunde ausgeprägt, bei den anderen nur 0,5 Sekunden. Das Orientierungsverhalten wird dann gezeigt, nachdem dein Hund etwas jagdbares entdeckt hat und bevor er sich in Bewegung setzt, um dorthin zu kommen.

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Verhaltenskette bei der Jagd
1) Suchlauf: Dein Hund sucht aktiv nach etwas jagdbaren (Schnüffeln, gucken, hören, etc.)
2) Orientierung: Dein Hund hat etwas jagdbares entdeckt
2) Annähern: Dein Hund nähert sich dem jagdbaren Objekt
3) Hetzen: Dein Hund hetzt das jagdbare Objekt
4) Packen: Dein Hund packt es
5) Töten: Dein Hund tötet es
6) Fressen: Dein Hund frisst die Beute auf

Damit du deinen Hund besser einschätzen kannst, solltest du dir diese 3 Fragen stellen:

1) Wie jagt dein Hund die unterschiedlichen Objekte?
Ich zeige dir ein Beispiel anhand des Jagdverhaltens meiner Nala. Sie jagte Vögel anders als Hasen. Beim Vogel war sie viel langsamer und bedachter. Durch die längere Orientierungsphase hatte ich etwas mehr Zeit, sie aus dem Jagdmodus zu holen als beim Hasen. Die Orientierungsphase beim Hasen war minimal, sodass sie sofort das Hetzen begann. Wie würdest du die einzelnen Phasen bei deinem Hund einschätzen?

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2) Welcher Jagdtyp ist dein Hund?
Jeder Jäger hat seine eigene Strategie entwickelt, wie er etwas jagdbares am besten aufspüren kann. Dabei spielen Erfahrungen, Genetik und das gejagte Objekt ebenfalls eine große Rolle.
Es gibt drei Hundetypen zu unterschieden: Den Augenhund, den Nasenhund und den Ohrenhund.

  • Der Augenhund beginnt seine Jagd mit den Augen, d.h. bereits im Suchlauf schaut er umher, ob er etwas jagdbares entdecken kann.
  • Den Nasenhund sucht aktiv mit der Nase entweder am Boden oder in der Luft nach etwas jagdbarem.
  • Der Ohrenhund horcht, ob er etwas jagdbares entdecken kann. Nur wenige Hunde nutzen die Ohren als erstes Sinnesorgan. Die meisten setzen eher die Augen und die Nase ein. („Ohrenhund“ ist kein offizieller Begriff. Ich nenne ihn einfach so, der Vollständigkeithalber)

-> Meine Nala war bei Hasen der Nasenjäger und bei Tauben der Augenjäger.

3) Wie intensiv jagt dein Hund?
Des Weiteren kannst du für dich einmal kategorisieren, ob dein Hund ein Profi-Jäger, ein Hochleistungsjäger oder ein Gelegenheitsjäger ist. So kannst du dir einen Überblick verschaffen, wie intensiv euer Anti Jagdtraining sein wird.

  • Der Profi-Jäger
    Dein Hund startet bei jeder Gelegenheit durch und jagt dann auch sehr ausdauernd und ausgeprägt, vielleicht sogar bis zum Töten der Beute.
  • Der Hochleistungsjäger
    Dein Hund ist jagdlich stark interessiert und dann auch schnell weg, tut dies jedoch nur in bestimmten Gebieten oder Orten (z.B. im Wald oder am Wasser) oder bei bestimmten Objekten (z.B. nur bei Kaninchen und Reh, nicht bei Vögeln etc.)
  • Der Gelegenheitsjäger
    Dein Hund reagiert auf bestimmte jagdbare Objekte, kommt jedoch nach einer kurzen Verfolgung wieder zurück zu dir.

-> Meine Nala war bei Hasen der Hochleistungsjäger, bei Tauben hingegen der Gelegenheitsjäger.

Das passiert während der Jagd im Gehirn

Jagdverhalten ist Instiktverhalten und sichert das Überleben. Auch wenn unsere Hunde nicht mehr um ihr Futter und somit um das Überleben kämpfen müssen, ist dieses Verhalten tief verwurzelt. Unsere Hunde können in solchen Momenten nicht anders, als dich zu überhören und ihrer Emotion zu folgen. Doch warum ist das so?

Das Gehirn ist (ganz grob) aufgeteilt in zwei Areale: Das Emotionszentrum und das Denkzentrum. Beide Areale arbeiten gegensätzlich, d.h. sie sind nicht gemeinsam aktiv. Ist das Emotionszentrum aktiv, so ruht das Denkzentrum. Ist das Denkzentrum aktiv, so ruht das Emotionszentrum.

Denkzentrum an – Emotionszentrum aus
Ist dein Hund aufnahmebereit und konzentriert, so ist das Denkzentrum aktiv, das Emotionszentrum ruht. Klares Denken und das Wahrnehmen von auftrainierten Signalen wie „Sitz“ oder „bei mir“ findet hier im Denkzentrum statt und können umgesetzt werden.

Emotionszentrum an – Denkzentrum aus
Ist dein Hund nun im Jagdmodus, dann ist das Emotionszentrum aktiv, das Denkzentrum ruht. Das Emotionszentrum ist immer dann aktiv, wenn es um Instiktverhalten oder emotionales Verhalten geht. Dein Hund reagiert nicht mehr auf Signale wie „Ran“, denn gesprochene Worte werden im Denkzentrum verarbeitet.

In diesem Video kannst du erkennen, wie das Denkzentrum runterfährt und das Emotionszentrum hochfährt. Das Signal „sitz“ konnte sie noch ganz gut ausführen, bei dem Signal „ran“ war sie kaum noch ansprechbar.
Hund Jagen abgewöhnen

Da das Jagdverhalten instinktiv abgespult wird, das Überleben sichert und sehr stark selbstbelohnend wirkt, werden wir niemals, egal wie viel Training wir investieren, dieses Verhalten aus unserem Hund heraus oder überschreiben können. Das ist nicht möglich. Wir können jedoch dafür sorgen, dass wir das Fenster des Orientierungsverhaltens so weit ausweiten, dass wir unseren Hund umlenken können. Ist dein Hund in der Verhaltenskette bereits über dem Orientierungsverhalten hinaus, so ist ein Umlenken nicht mehr möglich. Umlenken bedeutet: Dein Hund entscheidet sich gegen den Hasen und für dich und deine Ersatzbeute (Später ist keine Ersatzbeute mehr nötig).

Ziel ist es demnach das Suchverhalten komplett zu unterbinden und das Orientierungsverhalten von  0,01 Sekunden auf 2-4 Sekunden auszuweiten. Binnen dieser Sekunden hast du die Möglichkeit zu handeln und das schaffst du, indem du fleißig trainierst.

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Richtig interessant, oder?
Ich hoffe, du kannst nun (so wie ich damals) das Jagdverhalten deines Hundes besser verstehen und vielleicht sogar vorhandene Emotionen auflösen. Mir hat das Wissen geholfen den ersten Schritt in Richtung „Spaziergang ohne Leine“ zu gehen.

Dein Hund ist ebenfalls jagdlich motiviert? Ich helfe dir und deinem Hund einen entspannten Spaziergang auch ohne Leine zu ermöglichen. Buch jetzt dein Erstgespräch und sende mir deine Anfrage!



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