Hund leckt sich die Pfoten wund: Ursachen und Lösungen – Seevetal

Der Leckzwang beim Hund wird auch als Zwangshandlung (oder Stereotypie) deklariert, was gleichzusetzen ist mit einem Tic. Auch manche Menschen haben Tics, die das Leben mehr oder weniger beeinträchtigen: Nägelkauen, Haare zwirbeln, Fliesen zählen oder vermehrtes Händewaschen. Der Leckzwang, auch Akrale Leckdermatitis (ALD) genannt, wird beim Hund durch verschiedene Ursachen ausgelöst und/oder begünstigt und kann sogar zu starken Entzündungen sowie einem Leckekzem beim Hund führen. In einigen Fällen wird die Zwangshandlung mit der Zeit sogar immer schlimmer, so wie auch bei unserem Praxisbeispiel mit Anton.

Hier sehen wir Anton, wie er zu Beginn noch normal an seiner Pfote schleckt. Doch kommt Frauchen näher, steigt die Anspannung. Das Hundegebell im Hintergrund ist dann der endgültige Verhaltensauslöser für den Tic. Dabei bewegt er sich und seine Pfote ruckartig, fiept und quietscht sogar. Dieses Verhalten wird ritualisiert ausgeführt, d.h. immer genau in dieser Reihenfolge. Antons Leckzwang wurde ausgelöst durch 5 aufeinanderfolgende Verletzungen binnen eines Jahres und durch einen akuten Schlafmangel sowie einer extremen inneren Anspannung begünstigt. Eine Begünstigung steigert die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verhalten gezeigt wird.

Hund leckt sich ständig: Ursachen

Eine Zwangshandlung wird immer dann als solche beschrieben, wenn der Hund eine abnormale motorische Aktivität und/oder eine wiederholende Lautäußerung (Vokalisation) ausübt, die in einem untypischen Kontext gezeigt wird. Schauen wir uns den Leckzwang von Anton an: Sobald Anton gestresst ist (durch kommenden Besuch oder durch innere Anspannung) beginnt er mit dem extremen Belecken. Da das Belecken dem biologischen Ziel der Körperpflege unterliegt, passt diese Verhaltensweise nicht zu der stressigen Situation, dem Kontext. Ob eine Zwangshandlung auch eine ist, entscheidet sich zudem, wie der Verhaltensablauf aussieht. Typisch für Tics sind immer dieselben Verhaltensabläufe, in derselben Reihenfolge und in derselben Intensität. Sie beginnen und enden immer gleich.

Zwangshandlungen, wie das Pfotenlecken beim Hund, können durch viele Ursachen entstehen und/oder auch begünstigt werden. Sie kann sich aus einer Übersprungshandlung, durch innere Anspannung (etwa durch einen Schlafmangel -> angespannte Nerven -> ständige innere Anspannung), durch übermäßige Aufmerksamkeit forderndes Verhalten oder durch Beschwerden wie Arthrose, Verletzungen oder früheren Frakturen entwickeln. Auch der Persönlichkeitstyp deines Hundes entscheidet darüber, ob er gefährdet ist, einen Tic zu entwickeln. 

Diese Hunde entwickeln eher einen Tic als andere:

  • Besonders aktive und/oder ängstliche Hunde
  • Hunde, die zu Übersprungshandlungen neigen
  • Hunde, die übermäßiges Aufmerksamkeit forderndes Verhalten zeigen
  • Hunde, die viel Stress haben (innerlich und/oder äußerlich)
  • Hunde mit einer Schilddrüsenunterfunktion
  • Unausgelastete Hunde (vor allem arbeitsintensive Rassen, z.B. Border Collis)
  • Hunde mit genetischer Veranlagung (z. B. Bullterrier)
  • Hunde, die zu früh von ihrer Mutter getrennt wurden (vor der 8ten Woche)

Neben dem Pfotenlecken gibt es noch weitere Tics:

  • Im Kreis laufen
  • In Gegenstände beißen
  • Schwanz fangen
  • Pfoten lecken
  • Flankennuckeln
  • Fressen unverdaulicher Objekte (Steine)
  • Monotones / rhythmisches Bellen
  • Fangen von Laub
  • Schnappen nach imaginären Fliegen
  • Lichtreflexe anstarren
  • Pica (Suchen und Finden von unverdaulichen Objekten)
  • Graben
  • Auf- und Ablaufen am Zaun
  • Springen an Zwingerwand mit Drehung
  • Drehen an der Leine

Psychische Störung beim Hund: 3 Stadien

Je nachdem, in welchem Stadium sich der Hund befindet, ist die Behandlung leichter oder anspruchsvoller. Zudem spielen die Lebensumstände und die bereits verstrichene Zeit seit Beginn des Leckzwangs eine große Rolle und beeinflussen die Behandlung maßgeblich. Neben den Stadien wird zudem noch zwischen primärer und sekundärer Zwangshandlung unterschieden. Die primäre Zwangshandlung wird durch die Genetik (z.B. Bullterriern) oder durch eine Hirnfunktionsstörung ausgelöst, wo hingegen die sekundäre Zwangshandlung durch die Lebensumstände ausgelöst wird.

1. Stadium
• Das Schlecken kommt unregelmäßig bzw. nur vereinzelt vor
• Das Schlecken selbst wird in einem kurzen Intervall gezeigt
• Keine Beeinträchtigung im Alltag vorhanden
• Spontanunterbrechung (durch den Hund) sind möglich
• Unterbrechungen durch den Halter sind ebenfalls möglich
-> Ursache: Im Hirnstamm ist der Blaue Kern (Locus coeruleus) überaktiv und im Körper wird zu viel Noradrenalin ausgestoßen.
-> Lösung: Locus coeruleus sowie Hormonhaushalt regulieren. Dazu gehört dein vorausschauender Blick auf deinen Hund und seinen Tic sowie einen Werkzeugkoffer, wie du deinen Hund im Alltag unterstützen kannst, seinen Tic abzulegen.

2. Stadium
• Das Schlecken kommt mit einer gewissen Stärke und Regelmäßigkeit vor
• Das Schlecken selbst wird in längeren, intensiveren Intervallen gezeigt
• Spontanunterbrechung (durch den Hund) kaum noch möglich. Im Gegenteilt, die Hunde steigern sich hinein
• Unterbrechungen nur noch durch äußere Reize möglich
-> Ursache: Entgleisung des Serotoninhaushalts.
-> Lösung: Hormonhaushalt regulieren. Dazu gehört dein vorausschauender Blick auf deinen Hund und seinen Tic sowie einen Werkzeugkoffer, wie du deinen Hund im Alltag unterstützen kannst, seinen Tic abzulegen.

3. Stadium
• Das Schlecken findet regelmäßig mit nur kurzen Pausen statt
• Große Beeinträchtigung im Alltag. Normales Verhalten wie Fressen, Schlafen, etc. wird kaum noch gezeigt.
• Unterbrechungen nur noch durch massive Außenreize möglich
-> Ursache: Verminderte Dopaminaktivität führt zum Defizit. Heilungschancen kaum möglich.
-> Lösung: Das Gespräch mit deinem Tierarzt ist unumgänglich.

Die meisten Hunde, welche ich begleiten durfte und an einer Zwangshandlung litten, befanden sich in im Stadium 1 oder 2. Eine Zwangshandlung kann genau wie bei Anton auch schlimmer werden, d.h. zu Beginn wird das Schlecken wie im Stadium 1 beschrieben ausgeführt. Nach und nach wird es schlimmer, sodass der Hund Stadium 2 erreicht. Spätestens hier braucht dein Hund Unterstützung, denn er findet nicht mehr selbständig aus diesem Verhalten hinaus. Auch Anton konnten wir helfen, sodass er bereits nach 4 Wochen 70% weniger leckte als zuvor.

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